Sonntag, 4. Dezember 2011

Das Hörrohr

"Nanu, so ganz ohne Hörrohr, wie kommt denn das, Sie haben doch sonst immer so ein Hörmonstrum dabei?", fragte mich ein zur Hälfte italienischstämmiger deutscher Journalist, als wir uns in einem Budapester Hotel zu Palatschinken mit Marillenmarmelade trafen. "Eine nette pakistanische Ohrenärztin hat mir gesagt, daß ich auch ohne Hörgerät hervorragend hören könne", sagte ich. "Ich war verwundert, habe jedoch mein Hörrohr wenig später dem Ohnsorg-Theater geschenkt, und siehe da: Ich höre besser als je zuvor. Ist das nicht unglaublich? Nur zum Autofahren brauche ich noch ein ähnliches Rohr (leihe ich mir jetzt beim ADAC), denn ohne kann ich die Sendungen im Autoradio nicht verfolgen, weil ich nur ein Brummen höre." Giovanni, der Journalist, fand das glaublich, glaubwürdig. Unglaublich, fand ich.
 
Was ich am meisten vermisse bei der Diskussion um den fränkischen Halbmessias, das ist nicht die Antwort auf die Frage, ob Guttenberg ein Betrüger ist oder nur ein Dummkopf oder heimlicher Konsument psychotroper Substanzen, nein ich wüßte gern, wie die Behauptung, zuletzt wieder von ZEIT-Giovanni, dieser Mann habe außergewöhnliches politisches Talent, begründet wird. Worin könnte dieses Talent bestehen? Es kann doch nicht allein dessen Überheblichkeit, die narzißtische Wahnhaftigkeit sein oder die schlechte Angewohnheit, die Hand in der Tasche zu lassen, wenn man mit jemandem spricht. Das alles findet man auch beim gewöhnlichen Eckensteher und Hinterbänkler. Oder ist es der morbide Charme der selbsternannten Eliten von vorgestern, der ihm aus allen Knopflöchern dampft? Ja, was ist es? Kann mich jemand aufklären? 

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